Mit der ganzen Schule ins Watt

Mit der ganzen Schule ins Watt

Von Joachim Tonn (veröffentlicht in den Cuxhavener Nachrichten)

Cuxhaven

„Was sind das für Pocken auf der Muschel, Affenpocken?“, fragte ein Schüler grinsend. „Nein, sogenannte Seepocken, die im Grunde genommen kleine Krebse sind. Der Stoff, mit dem sich die Seepocke an der Muschel festmacht, wird zur Stillung von Blutungen während Operationen als Klebstoff verwendet.“ Nach einer Exkursion in das größte Wattenmeergebiet der Welt, nahmen Schülerinnen und Schüler des Max-Planck-Gymnasiums in Delmenhorst die Erfahrung mit nach Hause, dass Watt viel mehr ist als nur braun und langweilig.
Die geschützte Landschaft des Weltnaturerbes Wattenmeer ist ein idealer Ort, um Tiere und ihre Mitwelt aus nächster Nähe zu beobachten – also ein Eldorado für Watteroberer, wie die 1078 Schülerinnen und Schüler des Max-Planck-Gymnasiums in Delmenhorst. Erika Labinsky, stellvertretende Schulleiterin, war mit den Klassen 5 bis 12 sowie Kolleginnen und Kollegen mit einer Buskolonne nach Cuxhaven angereist. Initiatoren waren Schulleiterin Katrin Wutschke und der Lehrer Markus Schulenkorf. Dr. Albrecht Biessmann, Vorsitzender der „Wattführergemeinschaft Niedersächsische Nordseeküste“ hatte die Organisation und Durchführung übernommen.
Unter fachkundiger Führung starteten sie in Gruppen von 30 bis 50 Personen zwischen dem „Stadion am Meer“ und Sahlenburg ins Watt. Nirgendwo gibt es eine Landschaft, die so von Ebbe und Flut geformt ist und Lebensraum bietet für seltene Tier und Pflanzenarten. Die mächtigen Kräfte der Schwerkraft und ihr Lebenstakt werden geprägt durch die Gezeiten Ebbe und Flut. Wo eben noch Sand und Schlick, Wattwürmer und Muscheln zu sehen waren, rauschen dann wieder die Meereswellen. 2009 bekam das Wattenmeer die höchste Auszeichnung für einen Naturraum, es wurde in die Liste der Unesco-Weltnaturerbe aufgenommen.

Ziemlich aufregend war es, zum ersten mal einen kleinen Krebs über den eigenen Arm laufen zu lassen. Foto: Tonn

So faszinierend das Watt ist, so gefährlich ist es auch. Und es steckt voller Geheimnisse. Wie das funktioniert mit Ebbe und Flut und warum das Wattenmeer so wertvoll ist, wurde den Binnenländern detailliert erklärt. Nicht nur im Watt kriecht und krabbelt es unentwegt, auch am Himmel ist immer was los. Millionen Vögel leben hier oder machen Station auf der Weiterreise. Hier konnten die jungen Leute ihnen begegnen.
Aktion nach Corona
„Es ist für mich das erste Mal in Cuxhaven“, gesteht die gebürtige Saarländerin Erika Labinsky, die seit 2001 in Oldenburg lebt und Deutsch und Französisch unterrichtet. Duhnen sei wirklich ein „freundlicher, entspannter Ort“, findet sie und berichtet, wie die Idee entstand. Man habe zwei Jahre Schule unter Corona-Bedingungen gehabt und das habe Spuren hinterlassen. „Da haben wir überlegt, was man als schöne Gemeinschaftsaktion unternehmen könne. Ein Kollege hatte Kontakte ins Watt und so entstand die Idee, einfach mit allen Schülerinnen und Schülern einen Ausflug dorthin zu machen und ihn mit einem Abschluss im Stadion am Meer und einem Lehrer-Schüler-Fußball-Turnier zu krönen.“

Wattführer Dr. Albrecht Biessmann (Vorsitzender der „Wattführergemeinschaft Niedersächsische Nordseeküste“) erklärte den Besuchern aus Delmenhorst, was es alles über und unter der Oberfläche im Watt zu entdecken gibt. Foto: Tonn


Emilia Hunecker (18) und Kiora Holte (17) waren schon mal mit ihren Eltern in Cuxhaven. „Durch den Wattführer erfährt man immer wieder Neues“, sagen sie. „Zum Beispiel, dass sich Muscheln mit einer Art Grabefüßchen in den Schlick wühlen.“ Und noch etwas nahmen sie mit: „Aus dem Chitosan der Krebse lassen sich Impfstoffverstärker herstellen, die auch bei den Corona-Impfstoffen angedacht wurden“, so Dr. Albrecht Biessmann und setzte noch eins drauf: Das Hämoglobin des Wattwurms könne ungefähr fünfzigmal so viel Sauerstoff speichern wie unser Hämoglobin. Diese Besonderheit versuche man in Frankreich dafür zu nutzen, schwer Covid-Erkrankten Sauerstoff zuzuführen. „Dazu wird das Hämoglobin dem Wattwurm entnommen.“
„Es ist das erste Mal, dass wir als Schule nach dem ganzen Isoliertsein einen gemeinsamen Bildungstag machen“, sagt Mitinitiator Markus Schulenkorf. Und Wattführer Thomas Lehmann ergänzt: „Der Fokus lag nicht allein auf der naturkundlichen Führung, sondern im Spaß und im gemeinschaftlichen Erlebnis.“ Krönender Abschluss war das gemeinsame Rudelsingen von „Westerland“ von den Ärzten.

Feuer und Flamme fürs Wattenmeer

Feuer und Flamme fürs Wattenmeer

Von Heike Leuschner (veröffentlicht in den Cuxhavener Nachrichten)

Dorum-Neufeld/Cuxhaven.

Der Frühling hat den Winter vertrieben. Für Nationalpark-Ranger Sebastian Keller ist es höchste Zeit, die alten Wandermarkierungen durch die Küstenheide zwischen Duhnen und Sahlenburg zu ersetzen. Weil die Arbeit kleinteilig ist und mit anderen mehr Spaß macht, hat er sich die Junior Ranger des Nationalpark-Hauses Wurster Nordseeküste an diesem sonnigen Frühjahrstag nach Cuxhaven geholt. Die Nachwuchs-Naturschützer sind Feuer und Flamme für den Job.
Paula (9), Reka (9), Maja (9) und Henrieke (8) sind erst zum zweiten Mal bei den Junior Rangern mit dabei. Sie befinden sich noch in der Schnupperphase, können sich aber vorstellen, echte Junior Ranger zu werden. „Weil es mit Tieren und der Natur zu tun hat“, sagt die neunjährige Paula. Ihre Freundin Reka nickt.
Junior Ranger gibt es in ganz Deutschland. Allein im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer sind 14 Gruppen aktiv. Die Dorum-Neufelder Gruppe hat sich 2019 gegründet. „Wir haben unser Team gerade auf 15 Teilnehmer aufgestockt“, erklärt Christopher Hardwick. Er ist einer der beiden Leiter des Nationalpark-Hauses in Dorum-Neufeld und Chef der hiesigen Junior-Ranger-Gruppe. Das Interesse sei sehr groß, berichtet er. Nachwuchssorgen gebe es keine.

Christopher Hardwick

Was Junior Ranger mitbringen müssen? Interesse an der Natur und Spaß an Exkursionen, sagt Hardwick. Fragen wie „Wie funktionieren Ebbe und Flut?“ „Wer lebt im Wattenmeer?“ „Und was kann man gegen die Verschmutzung der Meere tun?“ werden dann bei den monatlichen Treffen geklärt. Spielerisch natürlich. Und dann gibt es noch Exkursionen und Arbeitseinsätze. Wie an diesem Tag.
Paula, Reka, Maja und Henrieke bilden das „Kunstteam“. Ihre Aufgabe ist es, zwölf etwa zwei Meter lange Holzpflöcke an einem Ende fest mit grünem Klebeband zu umwickeln. Weil es die Wegemarkierung deutlicher macht und das Holz vor feuchter Witterung schützt, erklärt Keller.
Reka greift als Erste zum Klebeband, Paula hält den Pflock und dreht ihn langsam, damit Reka das Band leichter festkleben kann. Als die Mädchen den ersten Pfahl geschafft haben, kommt Nationalpark-Hausleiter Christopher Hardwick mit einem Hammer und Nägeln dazu. Die Nahtstelle soll durch die Nägel zusätzlich Halt bekommen. Klar, dass die Mädchen selbst hämmern wollen.
Während die Mädchen die neuen Wandermarkierungen vorbereiten, hilft Junior Ranger Vincent dem hauptberuflichen Ranger Sebastian Keller, tiefe Löcher in den Boden zu bohren. Vincent ist 13, lebt in Misselwarden und gehörte vor drei Jahren mit zu den Ersten, die der Junior-Ranger-Gruppe in Dorum-Neufeld beitraten.
„Ich hab mich schon immer für Natur interessiert“, erklärt er sein Engagement. Neben einigen Touren ins Watt hat er auch die bei-den hiesigen Nationalpark-Ranger Frank Penner und Sebastian Keller schon häufiger begleitet. Nur Arbeitseinsätze wie diesen in der Duhner Heide, habe er – bedingt durch die beiden Pandemiejahre – bislang noch nicht mitgemacht. Hardwick berichtet, dass sich die Junior Ranger des Nationalpark-Hauses Wurster Nordseeküste in den vergangenen beiden Jahren nur in den Sommermonaten und im Freien treffen konnten. Was ihn selbst bewogen hat, die Gruppe zu leiten? „Die Stimmung mit den Kids ist echt cool. Sie freuen sich total, wenn sie rauskommen. Diese Begeisterung steckt einfach an.“
Wie wird man Junior Ranger?
Zunächst schließt man sich einer Gruppe in seiner Region an – etwa den Junior Rangern des Nationalpark-Hauses Wurster Nordseeküste (Kontakt per Mail an nationalparkhaus@wursternordseekueste.de)
Das Eintrittsalter liegt bei 8 bis circa 11 Jahren. Bevor man sein Zertifikat als Junior Ranger erhält, muss man an zehn Veranstaltungen der Gruppe teilgenommen haben. Dazu gehören unter anderem eine Tour ins Watt, eine Exkursion mit Nationalpark-Ranger sowie Einsätze für den Nationalpark.

Wer zehn Veranstaltungen besucht hat und die entsprechenden Stempel vorweisen kann, bekommt das Abzeichen, das alle Junior Ranger in ganz Deutschland tragen.
Außerdem bekommt der Junior Ranger ein Logbuch und erste Teile seiner Ausrüstung. Nun ist er/sie Botschafter/in des Wattenmeeres und kann sich als ausgebildeter Junior Ranger engagieren. Weitere Infos: www.nationalpark-wattenmeer.de

Bildinformation: Arbeit an den neuen Markierungspfählen in der Duhner Küstenheide: Praktikantin Hanna (von links) hilft den angehenden Junior Rangerinnen Paula, Reka und Maja. Fotos: Leuschner;


Treffen der Nationalpark-Führer*innen am 31.03.2022 in Dangast

Etwa 30 Watt- und Gästeführer nahmen an der Veranstaltung teil. Grob geschätzt waren unter den Anwesenden 1/3 bis knapp die Hälfte aus der Wattführergemeinschaft. Das spiegelt das Gesamtbild wider: 38 % der WFGler sind ZNL.

Für Albrecht war es gute Gelegenheit, die Wattführergemeinschaft zu präsentieren. Es gab interessante Vorträge und einen fruchtbaren Gedankenaustausch.

Das Wattenmeer in Südkorea

Das Wattenmeer in Südkorea

Bei YouTube findet ihr ein interessantes Video über das koreanische Wattenmeer in dem Albrecht einen Gastbeitrag (in Cuxhaven 😉 ) hat.

Albrecht wurde im Jahr 2019 von Yoon Sik Chung, der für die Firma B.i.G-Business in Germany arbeitet, per E-Mail kontaktiert. Herr Chung sollte für seinen Auftraggeber “ Korean Broadcasting System“(KBS)”, eine öffentliche südkoreansiche Rundfunkanstalt, über die Gegebenheiten der Nutzung und Schutzes des Wattenmeeres in Deutschland recherchieren.

Hier findet ihr den Teil aus dem Video, in dem über das Deutsche Wattenmeer berichtet wird:

Und hier noch der Link zum vollständigen Video: https://youtu.be/EAIHNzm6k_I

Viel Spaß beim Schauen!

Wattführer:innen tagen in Cuxhaven

Wattführertreffen 2022

Fast 30 der inzwischen insgesamt 115 Mitglieder der Wattführergemeinschaft Niedersächsische Nordseeküste (WFG; www.wattfuehrergemeinschaft.de) tagten Anfang März in Cuxhaven im Hotel Seelust. Neben einem hervorragenden, gemeinsamen Mittagsessen gab es einige Höhepunkte. Einer davon war der Fachvortrag von Herrn Tomke Albers (Leiter der Kooperativen Regionalleitstelle Ostfriesland), über die Aufgaben und die Arbeit dieser Leitstelle bei Rettungseinsätzen insbesondere im Watt. Michael Grönheim, WFG-Mitglied, moderierte dieses als Zwiegespräch. Somit wurden die Vorträge der Hubschrauberpiloten von Christopher 26 im Herbst letzten Jahres perfekt abgerundet.

Anschließend referierte der Vorsitzende Dr. Albrecht Biessmann eine Reihe Interna und Begebenheiten der letzten Zeit und brachte einige neue Ideen zur Öffentlichkeitsarbeit ein. Darunter waren auch 2 Spendenaktionen. Die erste war, wie mit den Farben der Begrüßung schon angedeutet, dass sich die Gemeinschaft für eine besondere Art der Hilfe für die Ukraine entschieden hat. Mehrere hundert EURO wurden sowohl aus der gemeinsamen Kasse als auch von einzelnen Mitgliedern gespendet:

Nothilfe für die Karpaten-Schutzgebiete

Somit geht diese Spende direkt an gleichgesinnte Naturschützer in der Ukraine.

Mit einer zweiten, ähnlich hohen Spende wurde die BUND-Aktion zum Schutz des Schweinswals gegen Unterwasserlärm unterstützt. Der Schweinswal ist das Tier des Jahres 2022.

Das insgesamt sehr harmonische, ergebnisreiche Treffen der WFG fand am späten Nachmittag mit beginnender Dämmerung in einem Gruppenbild einen würdigen Abschluss.

Die Wattführer:innen der Wattführergemeinschaft
Die Wattführer:innen der Wattführergemeinschaft Niedersächsische Nordseeküste

Videos von „Leben im Watt“

Ein kleiner Vorgeschmack, was euch erwartet

In der Rubrik >>Download<< findet ihr 7 Videos von der CD „Leben im Watt“, RUZ Schortens (2000) zum anschauen oder downloaden. Diese dürfen allerdings nicht für kommerzielle Zwecke verwendet werden.

Die Videos behandeln folgende Lebewesen:

  • Die Herzmuschel
  • Der Einsiedlerkrebs
  • Der Bäumchenröhrenwurm
  • Der Seestern
  • Die Seepocken
  • Die Miesmuschel
  • Die Nordseegarnele

Ich wünsche den Besuchern dieser Webseite viel Spaß beim anschauen der Videos 🙂